Donnerstag, 28. Juni 2007

Der 8. Tag, 25.05.07: Von Aleppo nach Damaskus

Heute gefahren: 360 km

Der Tag beginnt mit einem ungewöhnlichen Frühstück. (Liebe Teammitglieder, hat da jemand Bilder davon?) Da es kein Restaurant gibt, sitzen wir in der Hoteleingangshalle – auf Sofas, um einen Couchtisch verteilt. Und dann kommen allerhand Sachen, die wir in den letzten türkischen Tagen auch schon auf dem Speisetisch hatten und ein paar neue dazu: Fladenbrot, Kichererbsen- oder Sesampaste (neu) , Gurken, Oliven, „geringelter“ Schafskäse (neu), Marmelade, Schwarztee, Milch (neu). Sogar Cappuccino (neu) gibt es. Wozu hat man diese 3 in 1 Tütchen, die offenbar in arabischen Ländern sehr gut ankommen? Wer wissen will, wie sie die Luftbläschen im Milchschaum in die Tüte bekommen haben – haben sie gar nicht. Warum das Ganze dann Cappuccino heißt – keine Ahnung. Auch die festen Klumpen, die das Pulver gebildet hat, machen das Geschmackserlebnis nicht besser.



Orientalische Frühstücksrunde

In der Lobby eine leichtbekleidete Blondine. In manchen arabischen Ländern könnte dies ja auch heißen, dass lediglich der Schleier fehlte. Hier bedeutet das schulter- und bauchfrei. Es blitzen zahlreiche Tattoos hervor. Muss eine Urlauberin sein. Ist aber eine Aleppoerin und eine Freundin des Rezeptionisten. Und ich dachte, hier laufen alle verschleiert herum: Diese nicht. Der Rezeptionist ist mächtig stolz auf sie. Nun, ich habe nicht alles verstanden, was er über sie erzählte, vermute aber, dass sie Tierpflegerin ist. Den vielen Fotos auf seinem Handy nach zu urteilen, die sie mit allen möglichen exotischen Tieren zeigen. Und dann gibt es noch einen Film von ihr, wie sie mit einem Tigerbaby spielt. Süß! In einem anderen Film füttert sie eine Riesenschlange. Na danke. Übrigens: Anstelle tierliebender Tattoogirls wäre mir ein Ungezieferräumkommando in diesem Hotel lieber gewesen.

Noch was: Es gibt einen Hausdiener. Und der läuft hier wirklich sehr devot herum. Steht wie ein Besen in der Ecke, wenn er aufs Trinkgeld wartet. Nähert sich nur in gebückter Haltung und mit gesenktem Kopf. Und läuft tatsächlich ein bisschen rückwärts, wenn er sich von dir entfernt. Dieses unterwürfige Verhalten hab ich bisher nur in alten Sissi-Filmen gesehen. Es gefällt mir aber nicht. (Die Sissi-Filme übrigens auch nicht.)

Jetzt nichts wie weg. Albert und Aui müssen zwar noch ihre Milch trinken, aber dann hält uns nichts mehr. Es geht auf schnellstem Weg nach Damaskus – was wir dann dank gerader Straßen und des gut fließenden Verkehrs auch nach 4 Stunden Fahrt erreichen. Dort treffen wir Jamal Chahda – einen höchst sympathischen und erfolgreichen Geschäftsmann, der deutsche Qualitätsprodukte in Syrien vertreibt – unter anderem auch die Produkte, die Katjas Arbeitgeber herstellt. Darf ich’s jetzt sagen: die berühmten Bohrer von Hawera! Mr. Chahdah hat sich einen Tag frei genommen und will uns Damaskus zeigen! Klasse – wir haben einen privaten Fremdenführer. Erst einmal müssen wir ihn treffen.

„Ich stehe genau an der Stelle, wo der Highway aufhört und die Stadt beginnt“, sagt er. Aber wo hört der Highway auf und wo beginnt Damaskus? „An einem großen Platz.“ Groß ist relativ oder?
Wir denken, wir sind genug gefahren, ohne einen Platz gesehen zu haben, der wie der Treffpunkt aussieht. Wir halten an – überall Riesenposter des syrischen Staatspräsidenten Baschar al-Assad. Sie hängen an Banken, Bürogebäuden, Läden und Hotels. Läden, Hotels, Bürogebäude? Wenn das nicht der Beginn der Stadt ist, weiß ich auch nicht.

Unser Zusammentreffen soll weiter über Handytelefonate organisiert werden. Ist aber schwer, wenn man nicht weiß, wo man ist – lies du mal arabische Straßenschilder! Wir gehen in den nächstbesten Laden und drücken dem Besitzer unser deutsches (finnisches) Handy in die Hand. Chahda und er sollen das auf arabisch klären. Telefoniert mal schön. Es klappt.

Wir haben Chahda zwar noch nie gesehen – aber er wird uns nicht übersehen. Drei staubige und verdreckte, mit Werbung vollgeklebte alte Rallyeautos am Straßenrand. Erst bringt er uns ins Hotel – das hat er nämlich auch für uns organisiert. Es geht kreuz und quer und wir bekommen einen ersten Eindruck vom Verkehr in der Hauptstadt. Hey, das rockt! Erst rasen die kleinen gelben Taxis wie Piranhas heran, dann bremsen sie abrupt ab. Ich habe mit dem alten Santana nichts zu verlieren. Und vor einer Beule habe ich schon gar keine Angst. Genau die richtige Einstellung, um in Damaskus voranzukommen. Anders geht´s auch nicht.

Wohin uns Chahda führt – keine Ahnung. Irgendwann werden die mehrstöckigen Häuser wieder kleiner, ganz klein sozusagen, unverputzt, der Teer auf der Straße weicht Schlaglöchern, schließlich besteht die Straße nur noch aus Löchern, die mit Teer garniert sind. Wir sind in einem der ärmsten Viertel von Damaskus – ein Viertel, in dem vor allem christliche Familien leben, viele ehemalige Flüchtlingsfamilien, kurdischer oder armenischer Herkunft.

Er bringt uns in keinem Hotel unter, sondern im Gästehaus einer christlichen Kirche. Dort zahlt jeder soviel er kann. Und wir können nur 10,- Euro zahlen, weil wir laut Rallye-Reglement nicht mehr dürfen. Wie sich herausstellt ist diese christliche Kirche mit Gästehaus so etwas wie eine gut ausgebaute Missionsstation – wie auch immer die Katholische Kirche ein solches Angebot nennt. Das Gästehaus ist eine Mischung von Altenheim, Gästehaus und Hotel. Im Untergeschoss befindet sich eine Großküche, die 3 x in der Woche 100 arme Familien (6-12 Personen) mit Essen versorgt. Daneben eine Klinik, in der über 40 Ärzte aller Fachrichtungen unentgeltlich Dienst tun – sie ist mit Ultraschall und Röntgengeräten ausgestattet und kann offenbar eine Rundumversorgung anbieten. Das blitzsaubere Gelände ist von einem hohen Eisengitterzaun umgeben, die Räume sind entweder klimatisiert oder durch ihre Bauweise erstaunlich kühl. Was gut tut. Denn draußen ist Lärm und Hitze. Und was wir nach der heißen Fahrt von Aleppo nach Damaskus brauchen, sind vor allem Ruhe und kühlere Temperaturen. Um 16.00 Uhr will uns Jamal Chahda wieder abholen – dann werden wir Damaskus erkunden, zu Fuß und mit dem Auto. Bis dahin sind noch 3 Stunden Zeit. Wir waschen unsere T-Shirts, sortieren den Müll aus dem Auto, duschen und versuchen zu schlafen.

Aber die Zeit reicht für letzteres mal wieder nicht mehr. So ist das Rallyeleben.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Bernd, die Bilder vom Frühstück sind unterwegs, hab leider keine von der Blondine:-))

Gruss Albert