Der 10. Tag, 27.05.07: Von Al Azrak ins Wadi Rum, Teil 1
Heute gefahren: 410 km
Der Tag begann sehr trocken. Wer noch vor dem Morgengrauen aufgestanden und zum Duschen gegangen war, der hatte noch Wasser. Der eine oder andere stand tatsächlich bereits ausgezogen unter einem versiegten Duschkopf. Egal, frühstücken kann man auch ungewaschen. Der nächste Überraschungseffekt kam dann beim Teeschlürfen – eine bayerische Blaskapelle, die in Trachten in unseren mit Schilfmatten beschattete Veranda einmarschierte. Das kam schon mal ziemlich gut und passte zur relaxten Stimmung. Nach dem gestrigen Wüstentrip war uns klar – so gut kann es heute nimmer werden. Die kindliche Vorfreude war einer entspannten Lässigkeit gewichen. Anstelle einer dirt road würden wir den desert highway bis ins Wadi Rum benutzen. Wie lange es dauern würde – keine Ahnung. Nachdem wir uns regelmäßig in den letzten Tagen verschätzt hatten, wagten wir keine Prognose.
Zusammen mit einigen anderen Teams machten wir erst mal einen Abstecher in das Wüstenschloss von Al Azrak. Laut Reiseführer deshalb das berühmteste, da in ihm Lawrence von Arabien einen Winter mit seinen Kämpfern verbracht hatte. Unvorstellbar – es seien einige seiner Leute in dem strengen Winter von 1849 sogar erfroren. Immerhin war dieses Wüstenschloss mehr als ein aufgeschichteter Haufen Feldsteine – es gab durchaus noch ein paar Stufen zum auf und abklettern und ein paar höhlenartige Räume. Wer beim Gedanken an Wüstenschlösser aber ein jordanisches Neuschwanstein vor dem geistigen Auge erwartet hatte, so wie ich, musste enttäuscht sein.
Besser gefiel mir der Stop an der Tankstelle – etwa 60 Cent der Liter. Noch besser war der Eisverkäufer, der mit einer Stange Trockeneis auf den Schultern zu den Rallyefahrzeugen spazierte und ihnen für einen jordanischen Dollar soviel Eis sie nur wollten in die Kühlboxen schredderte. Dazu benutzte er den gleichen spitzen Eispickel mit dem Sharon Stone einstmals auf Michael Douglas losgegangen war.
Und dann nichts wie rauf auf den Highway – das Wadi Rum und die Tagesaufgabe waren noch ein paar Stunden entfernt. Der Highway zog sich tatsächlich flimmernd und schnurgerade dahin, in einer ödern, flachen Landschaft. Nur wenige Fahrzeuge bewegten sich auf dieser Strecke, am häufigsten noch LKW und Tanklaster.
Mittagsrast machten wir in einem kleinen unscheinbaren Gebäude – einer Art Rasthaus, in dem es Getränke, Speisen, Eis und einen Shop mit Souvenirs gab.
Das war der Moment als wir Helmut mit arabischem Kopfschmuck verkleideten. Was dem so gut gefiel, dass er ihn für ein paar Tage nicht mehr abnahm. Ob es den Arabern gefällt, wenn wir Europäer ihre Landestracht annahmen? Um das zu wissen, müsste man jetzt einen Bayern fragen wie ihm Chinesen mit Gamsbart-Hut gefallen. Da wir dazu aber keine Zeit hatten, rasten wir weiter. Zwei männliche Teammitglieder saßen geschwächt in den Fahrzeugen – so etwas wie Montezumas Rache hatte zugeschlagen. Magenbeschwerden hinderten sie daran fröhlicher dreinzublicken – der Virus, der sie befallen hatte, scherte sich um keines der mitgebrachten Magen-Darmpräparate. Um Pfefferminztee übrigens auch nicht.
Was für ein genialer und unbeschreiblicher Moment als der öde und schnurgerade Wüstenhighway mit einem Mal in die Tiefe führte und einen weiten Blick auf eine von Felsen zerklüftete Wüstenlandschaft freigab. Es war völlig unerwartet. Wer zwei Tage in einem topfebenen Sandkasten verbracht hatte wie wir, wurde von der Berg- oder Felskulisse in Bann gezogen. Rote, aberwitzig zerklüftete, mal schroffe, mal geglättete Felsen in einem Meer aus Sand – das war das Wadi Rum, dem wir uns näherten.
Die Tagesaufgabe habe ich schon erwähnt, aber nicht gesagt, dass sie sich verdammt schwierig anhörte. Wir sollten einen Wüstenpolizist mit Knarre in der Hand auf einem unserer Fahrzeuge platzieren und das Beweisfoto mitbringen. Keine Ahnung woher wir einen Wüstenpolizisten nehmen sollten. An der nächsten Kaserne vielleicht?
Die Leute benahmen sich verdammt wichtig – war wohl auch Militär. Aber der Dialog war irgendwie lockerer als mit einem Wachtposten der Bundeswehr. Kurze Rücksprache mit einem Vorgesetzten – dann wurden wir in den Kasernenvorhof hinein gebeten – und dort gleich von einer Gruppe Soldaten umringt. Dank perfekter Englischkenntnisse hüben wie drüben verstand uns die Gegenseite auf Anhieb. Aber die Vorgesetzten verstanden keinen Spaß. Fotografieren von militärischen Anlagen oder Personen war strengstens verboten, weder mit noch ohne Knarre. Und von einer Karriere als Kühlerfigur träumte offenbar auch keiner. Das einzige, was wir fotografieren durften, war ein sehr heroisches Wandbild des Königs an der Außenfassade des Gebäudes. Das war zwar weder pittoresk noch sonst wie sehenswert, aber anstandshalber drückte ich auf den Auslöser. Man soll ja im Orient keine Einladungen ausschlagen, heißt es.
Also weiter. Bei der nächsten Kaserne – hier waren wohl ganz normale Polizisten kaserniert – trafen wir einen Uniformierten auf dem Nachhauseweg. Es ging eine Zeit lang, bis der die Lage komplett gecheckt hatte – er wollte wohl sichergehen, dass es sich bei uns nicht um Israelis handelte und dann hatten wir unser Model! Ja!! Wirklich!! Auch ihm war es streng verboten sich mit Waffe und Uniform fotografieren zu lassen, deshalb gibt es davon auch hier keine Bilder zu sehen. Wir schossen die Fotos im ummauerten Sichtschutz seines Vorgartens, er allein mit der Knarre auf dem Santana, wir zusammen mit ihm und dann noch ein paar Bilder mit Helmut als westlicher Geisel und Hassan – so hieß er – als muslimischem Entführer. Sollte ich jemals in Geldschwierigkeiten geraten, werde ich die an die Bild-Zeitung verkaufen, die dann titeln darf "Deutscher Bürger schwebt in Todesangst". Niemand wird dann auffallen dass Helmut eigentlich lachte. Man wird es als schmerzverzerrte Grimasse deuten.
2 Kommentare:
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